Es war Sonntagmorgen und die vertrauten Klänge der Kirchenglocken hallten über der Stadt. Für die meisten gehörte dieses Gebimmel zum Wochenritual. Doch für Kerstin wurde es zur ungebetenen Mahnung. „Oach, nicht schon wieder dieses lästige Geklingel“, murmelte sie genervt und zog sich die Bettdecke über den Kopf. Da meldete sich diese seidenweiche Stimme – der „Ausreden-Erfinder“: „Lass dich nicht stören, Kerstin. Du hast wirklich keine Zeit für solchen Kirchenkram. Denk an all die Arbeit und den großen Garten. Und die Enkelkinder kommen nächste Woche…“
Kerstin nickte. Wie immer fand der Ausreden-Erfinder die richtigen Worte. Arbeit klang logisch und wichtig, Gottesdienst hingegen nur lästig und zeitraubend. Kaum hatte sie diesen Gedanken gefasst, spannen feine Fäden aus ihrer Vorstellung eine ganze Traumwelt: Sie sah sich die zahlreichen Aufgaben erledigen – Rasenmähen, Hecke schneiden, Dach säubern, Fenster putzen, den Pool für die Enkel vorbereiten. Eine erdrückende Last der Verantwortung. Doch der Ausreden-Erfinder hatte eine Rettung parat: „Außerdem darfst du heute mal an dich denken. Gönn dir eine Auszeit vom Stress, tu was für deine Seele.“ Das klang verlockend.
Und damit nicht genug, folgte die nächste raffiniert eingefädelte Ausrede: „Denk auch an deine Familie, du hast so wenig Zeit für sie…“ Familiensonntage, wie wunderbar! Mit Lächeln auf den Lippen stellte sich Kerstin dieses gemütliche Zusammensein mit Mann und Kindern vor. Der Meister der Missverständnisse hatte sein Werk ein weiteres Mal vollendet. Mit scheinbar plausiblen, ehrenwerten Gründen hatte er Kerstin vom Weg der Wahrheit abgelenkt.
Der Ausreden-Erfinder
So verlockend und doch so leer sind die Flüsterattacken des Ausreden-Erfinders. Wieder einmal hielt er Kerstin von dem ab, was wirklich wichtig und sinnstiftend ist. Doch die Fallen seiner Ausreden-Welt zu durchschauen ist der erste Schritt, ihnen zu entkommen.
Jesus selbst kannte dieses Phänomen der permanenten Ausrederei nur zu gut, wie seine Geschichte vom Großen Abendmahl zeigt (Lukas 14): Ein Mann hatte ein opulentes Festmahl vorbereitet und viele Gäste geladen. Doch als der Diener sie rufen ging, begann ein Ausreden-Marathon:
„Ich habe einen Acker gekauft…“
„Ich habe neue Ochsen zu erproben…“ „Ich habe geheiratet…“. Ob Geschäfte, neu angeschaffte Tiere oder die Ehefrau – immer gab es scheinbar logische, rationale Gründe abzusagen. Dabei waren es meistens nur Ausflüchte. Denn eigentlich hatten die meisten von ihnen schlicht keine rechte Lust auf Gottes Einladung.
Klingen diese Ausreden nicht erschreckend vertraut? Auch wir finden ständig Gründe, die uns von Gott und seiner Gemeinschaft fernhalten: „Ich muss zum Fußballspiel…“ „Meine Enkel kommen zu Besuch…“ „In der Kirche reden sie eh nur von Nächstenliebe…“
Der Ausreden-Erfinder ist ein kreativer Meister, wenn es darum geht, uns einzureden, dass andere Dinge wichtiger seien als die Beziehung zu Christus und seiner Kirche. Wie traurig, wenn wir ständig nur Ausflüchte finden und Gottes großzügiges Angebot der Gemeinschaft und Erlösung ablehnen.
In Jesu Gleichnis ist die Enttäuschung über die vielen ablehnenden Antworten groß. Keiner der Geladenen will kommen, obwohl sie die Ehre einer persönlichen Einladung hatten. Doch dann wendet sich das Blatt: Der Hausherr schickt seine Diener aus, um die Armen, Krüppel, Blinden und Lahmen einzuladen – all jene, die man sonst übersehen hätte. Und am Ende wird das Haus auf wundersame Weise doch noch gefüllt.
Möge das Haus voll werden
Was für ein Bild der Gnade Gottes! So wie der Hausherr gab er nie auf, sondern wandte sich immer wieder neu Menschen zu. Als die Erstgeladenen ablehnten, ging der Ruf weiter an die Randständigen und Ausgestoßenen. Gottes Einladung ist grenzenlos.
Doch Gott will nicht, dass wir bloß Gäste und Fremde bleiben. Durch Jesus Christus werden wir mehr: „Mitbürger und Gottes Hausgenossen“, wie es in Epheser 2,19 heißt. Wir sollen nicht einfach eingeladene Besucher sein, sondern zur Familie gehören! Die Gemeinde der Gläubigen wird in Epheser 2 sogar mit einem Tempel verglichen, der auf dem Fundament der Apostel und Propheten ruht. Christus ist der Eckstein, der alles zusammenhält. Und wir, die Erlösten, sind die lebendigen Steine, aus denen sich dieser heilige Tempel erbaut (Vers 20-22).
Gott ruft uns dazu, nicht nur vorbeizuschauen, sondern seinen geistlichen Tempel, seine Kirche vor Ort, mitzuerbauen und mitzutragen. Wir sollen keine distanzierten Zaungäste sein, sondern eine tragende Rolle in seinem großen Erlösungsplan einnehmen.
Nicht nur dabei stehen, sondern mitmachen
Heute hören wir Gottes Einladung aufs Neue! Es ist nie zu spät, die wichtigsten Gäste bei seinem großen Fest der Gemeinschaft und Erlösung zu werden. Gott möchte, dass ihr nicht nur Besucher und Zaungäste seid, sondern als geliebte Kinder mit zur Familie gehört. Lasst uns seine Einladung annehmen! Er lädt uns ein zu einem nie endenden Feiern der Freude und Gemeinschaft mit ihm. Nicht als distanzierte Gäste, sondern als Mitträger und Miterbauer seines Reiches auf Erden. In Christus sind wir lebendige Bausteine für Gottes neuen, herrlichen Tempel. Er will uns nicht stehen lassen, sondern voranbringen. Seine Einladung führt uns ins wahre, erfüllte Leben!
Deshalb weg mit den Ausreden! Her mit einem klaren, mutigen Ja zu Jesus und zur weltweiten Gemeinschaft derer, die an ihn glauben. Lasst uns unseren Platz inmitten des Gottesvolkes einnehmen – nicht als passive Zaungäste, sondern als aktiv Mitfeiernde und Mitbauende an seinem großen Erlösungswerk. Gottes Einladung gilt heute mehr denn je – für uns, hier und jetzt und an jedem neuen Tag, der vor uns liegt! Amen.